Modest Fashion: Wieso zu viel Haut langweilt

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Modest Fashion: Züchtige Kleidung liegt jetzt im Trend

Wer in den 00er-Jahren Teenie (und weiblich!) war, erinnert sich vielleicht noch an ungeschriebene Styling-Gesetze eines ganz normalen Schulhofs: Idealerweise blitzte immer ein Streifen Haut über der Miss Sixty-Hüfthose hervor. Es war Januar, Schneeregen und Minus 7 Grad? Egal! Jede von uns besaß außerdem ein “Party-Top”, das nicht nur den imperativen Streifen Bauch entblößte, sondern im Idealfall auch noch ein “dezent” gepushtes Dekolleté freilegte.

Wir hatten damals einen Chorleiter der sich über sichtbare Hüftknochen seiner Schülerinnen beschwerte. „Muss datt denn sein?“ Dann wiederum, mit rheinischem Akzent, die subtile Erotik der “Fooossknöchelschen” einer Frau anpries. Ich habe Jahre gebraucht, um zu verstehen, was er damals meinte.

Wieso Modest Fashion in die Mode einzog

In den 00-er Jahren besaßen wir zwar rudimentäre Nokia-Handys waren aber von einer umwälzenden Erfindung noch Lichtjahre entfernt: Instagram. Die Bilder-App hat eine Wende in der Mode herbeigeführt. Zu viel Haut langweilt auf Bildern, wirkt geradezu oll. Es sei denn, man ist eine Fitness-Queen wie Kayla Itsiness.

Modest Fashion und Instagram

Volumen, spannende Texturen und viel Stoff lassen die virtuellen Herzchen dagegen in die Höhe schnellen. Lustmolche und die paar Follower, die sich verpflichtet fühlen, mögen geballte Sexyness ohne Twist vielleicht noch mit einem müden Like belohnen – nicht jedoch “Quality Fans”, also Frauen und Männer mit Stil.

Modest Fashion auf dem Laufsteg – die Anfänge

Etwa im Jahr 2010 schickten Labels wie Valentino und The Row Mädchen in betont züchtigen Looks über die Laufstege. Auch High-Street-Marken reagierten auf die Entwicklung und setzen in diesen Tagen so stark wie nie auf hochgeschlossene Oberteile, lange Röcke, wallende Kleider, Ballonärmel und Co.. So hochgeschlossen wie in 2018 war die Mode schon lange nicht mehr.

Was heißt Modest Fashion?

Modest Fashion meint dezente Kleidung, die etwa im Islam oder im orthodoxen Judentum als angemessen gilt. Jede Religion und jede Strömung hat selbstverständlich unterschiedliche Vorschriften. Ein kurzlebiger Modetrend ist Modest Fashion also nicht. Auch, wenn es gerade stark danach aussieht. Frauen, die sich aus welchen Gründen auch immer, bedeckter kleiden möchten, freuen sich nun aber über eine größere Auswahl als zuvor – im Luxus, aber auch im Highstreet-Segment.

Modest Fashion – Influencer und Marken

Die New Yorker Modejournalistin Adi Heyman ist Orthodoxe Jüdin und hat sich auf das Thema Modest Fashion spezialisiert. Auf ihrem Blog  Fabologie schreibt sie über die neue Rocklänge “Irgendwo zwischen Maxi und Midi”, kuratiert “Top Modest”-Looks von den internationalen Fashion Weeks und stellt “Modest Fashion”-Superhelden, wie den maskulinen Blazer vor.

Auf ihrem Instagram-Account präsentiert Adi Heyman besonders gern Kleider der Marke House of Lancry. Die australischen Schwestern Chaya und Simi haben sich in Brooklyn ebenfalls auf Modest Fashion spezialisiert und verkaufen unter dem Namen The Frock NYC  drapierte Slip-Dresses und Röcke. Das Label Tuxe bietet hochgeschlossene Bodys mit Schlank-Effekt.

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Ob es nun tatsächlich bedeckter auf den Schulhöfen von Dinslaken bis Düsseldorf zugeht? Wage ich zu bezweifeln. Auf jeden Fall gibt es in 2018 genügend Alternativen zu Hüftknochenblitzer-Stretch-Jeans und Wonderbras.

Der Look von oben:
Body: “The Rebel Body Suite” von Tuxe Bodywear, über net-a-porter.com, um 150 Euro


Rock: Wickel-Midi-Rock aus Samt, von Sid Neigum, über net-a-porter.com, um 605 Euro

Mules: Pumps “Coco” aus Wildleder  von The Row, über net-a-porter.com, um 785 Euro

Der Autor

Anna Ostrowski arbeitet als freie Stil-Journalistin in Köln. Zuletzt war sie Head of Content und Editor in Chief des Burda Ventures SHOWROOM in Berlin. Zuvor arbeitete sie über sechs Jahre bei der Zeitschrift ELLE in München.